Neuer Glücksspielstaatsvertrag sieht vor, Online-Casinos in Deutschland legal zu betreiben

Neuer Glücksspielstaatsvertrag sieht vor, Online-Casinos in Deutschland legal zu betreiben
veröffentlicht: 24.05.2021

Viele Betreiber von Spielhallen verfügen über einen befristeten Glücksspielstaatsvertrag, der voraussichtlich am 30.06.2021 außer Kraft tritt. Das Recht der Spielhallen ist nach der Föderalismusreform in die Gesetzgebungskompetenz der Länder übergegangen. Die Novellierung des Glücksspielstaatsvertrages sieht einige Neuregelungen vor, die den Betrieb von vielen derzeit bestehenden Spielhallen in Zukunft unmöglich machen würde.

Baden-Württemberg ist derzeit mit der Erneuerung seines Landesglücksspielgesetzes beschäftigt, um es dem neuen Glücksspielstaatsvertrag anzupassen. Der neue Koalitionsvertrag sieht diesbezüglich vor, ein 500-Meter-Abstandsgebot umzusetzen und Mehrfachkonzessionen für mehrere Spielhallen unter einem Dach nicht mehr zu erlauben. Der Glücksspielstaatsvertrag hätte dank einer Öffnungsklausel auch die Möglichkeit geboten, den Kommunen einen Spielraum zu lassen. Davon möchte das Land aber keinen Gebrauch machen. Auch sieht der neue Glücksspielstaatsvertrag vor, Online-Casinos in Deutschland legal zu betreiben und als Staat daran mitzuverdienen.

Zusammen mit dem Oberbürgermeister Johannes Fridrich aus Nürtingen, dem Leonberger Oberbürgermeister Martin Cohn und dem Bürgermeister Armin Elbl aus Wernau hat sich der Leinfelden-Echterdinger Oberbürgermeister Roland Klenk in einem Schreiben an den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) gewandt. Die Rathauschefs sind ebenso wie der Städtetag, der Gemeindetag und der Landkreistag von Baden-Württemberg dafür, den Kommunen mehr Spielraum zu lassen. Konkret könnten die Kommunen beispielsweise je nach städtebaulichen Bedingungen vor Ort mehr oder weniger Mindestabstand der Spielhallen zueinander festlegen.

Der Oberbürgermeister Klenk befürchtet, dass das Glücksspiel erneut in Hinterzimmer abwandert, wo es überhaupt keine Kontrollmöglichkeiten mehr gebe. Diesen Zustand habe es in der Vergangenheit bereits einmal gegeben. „Man hat den illegalen Zustand damals legal gemacht, um ihn beobachten zu können. Und das hat funktioniert“, sagt Klenk. Polizeirechtlich habe es in den vergangenen Jahren wenig im Zusammenhang mit den Spielhallen zu beanstanden gegeben.

Aus Sicht vieler Rathäuser gibt es allerdings noch einen weiteren Grund, die Spielhallen zu erhalten. Eine Kommune verdient an den Spielhallen auf ihrer Gemarkung nämlich ebenfalls mit. Zwischen 200 000 und 400 000 Euro spüle eine Spielhalle pro Jahr durch Steuern und Gebühren in die Stadtkasse, schätzt der Oberbürgermeister Klenk. An den Online-Casinos verdienen die Kommunen dagegen nur mit, wenn die deutschlandweit agierenden Internetseitenbetreiber zufällig in der eigenen Stadt gemeldet sind.

Ob das neue baden-württembergische Glücksspielgesetz dank der Forderungen vieler kommunaler Vertreter doch noch einen Handlungsspielraum für Städte und Gemeinden zulässt, scheint derzeit ungewiss. „Ich bin skeptisch“, sagt Klenk.

Ausführlicher Bericht von Philipp Braitinger . Stuttgarter Zeitung (25.05.2021)
Glücksspiel in Leinfelden-Echterdingen
Städte wollen bei Spielhallen mitreden

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